Sibelius schnell lernen...

Schwierige oder kniffelige Probleme, Feinheiten des Notensatzes etc.
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korgo
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Sibelius schnell lernen...

Beitrag von korgo »

Hallo Leute,

ich habe demnächst mal das Vergnügen ein Orchesterwerk mit Sibelius 7.5 zu schreiben. Bin Finale 2011 user (und damit sehr schnell).

Wie würdet Ihr in meinem Fall vorgehen, um Sibelius 'schnell' zu lernen?

In Finale benutze ich die schnelle Eingabe mit Midi-Tastatur und Nummernblock. Habe bei Sibelius bereits die Funktion gefunden, die die Noteneingabe so ähnlich macht, wie bei Fin2011 - allerdings gibt es auch ein paar andere Tastenkommandos und Sibelius verhält sich ein wenig anders als Finale... z.B. beim Einsetzen von Pausen in der schnellen Eingabe, oder beim erstellen von Bindebögen.
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Ingo
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Beitrag von Ingo »

Zunächst würde ich mir die Videos ansehen, auch mehrmals. Die sind sehr instruktiv, und durch den viel logischeren Aufbau von Sibelius hat man die Grundfunktionen schnell intus. Ich habe seinerzeit Sibelius mit dem MacBook ohne Ziffernblock und Keyboard im Krankenhausbett gelernt und binnen ein paar Wochen gleich ein Oratorium gesetzt. Die Tastaturbefehle für die wichtigsten Funktionen sind so evident, daß man sie sich sofort merkt und viel schneller und ergonomischer arbeiten kann als mit Finale mit seinem Mausgefummel und ewigen Herumgeklicke in Fenstern. Wenn man ständig beide Programme benutzt wie ich, besteht natürlich die Gefahr, Befehle zu verwechseln. Die Tastaturbefehle lassen sich in Sibelius aber schnell umprogrammieren: wenn man das will, z.B. die in Sibelius logischere 4 für Viertel in die 5 von Finale. Der Arbeitsprozeß läßt sich individuell anpassen, z.B. die Reihenfolge Notenwert–Tonhöhe. Transpositionen, Kopiervorgänge, Eingabe von Intervallen, Akkorden usw. gehen viel schneller, auch ohne Keyboard.
Ich persönlich arbeite nicht so gern mit der Online-Hilfe und habe das identische gedruckte Handbuch in Griffweite: das Schwierigste dabei ist die Terminologie, die sich nicht an die präzise deutsche Musikwissenschaft und den Stecher-Jargon hält, den ich gewohnt bin, sodaß man bei einem Problem erst mal das richtige Stichwort finden muß. Das ist in Sibelius aber nicht anders als in Finale.
Ich kann Dich, lieber korgo, nur ermutigen, ins kalte Wasser zu springen und mit Sibelius loszulegen: mir hat das damals richtig Spaß gemacht nach jahrelangem dicken Hals mit Finale, ganz abgesehen davon, daß mich Sibelius vom Tode durch Langeweile im Krankenhaus errettet hat.
Man kann nicht mit jedem Lied jeden ansprechen:
Der eine find’s gut, der andre muß brechen.

Ulrich Roski

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Kowa
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Beitrag von Kowa »

Der Tipp mit den Videos ist gut. Wenn man Finale nutzt, hat man aber ohnehin einen schnelleren Zugang als ein totaler Anfänger. Die Grundfunktionen hat man dann sicher schnell drauf. Wenn es aber um die Feinheiten und Tricks geht, muss man sich bei jedem Programm hineinarbeiten. Was mich im Moment noch davon abhält, Sibelius zu benutzen, ist zum einen der fehlende Support. Auf Antwort wartet man lange (auf einige Antworten warte ich bei der nächsten Musikmesse demnächst schon ein Jahr...). Außerdem habe ich in Finale eine Unzahl von eigens eingerichteten Tastaturkürzeln erstellt und würde die gerne in Sibelius mitnehmen. Da Finale ein Werkzeug bezogenes Programm ist, kann ich den gleichen Buchstaben für verschiedene Befehle benutzen. (z.B. "R" kann eine Pause sein, ritardando oder ein Arpeggio, alles abhängig vom Werkzeug). Leider habe ich das in Sibelius noch nicht gefunden. Lohnt sich dann die Arbeit mit Sibelius? Wo liegen die Vorteile?
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Ingo
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Beitrag von Ingo »

Lieber Kowa,
der fehlende Support ist bei Sibelius tatsächlich ein Manko: M3C haben mir schon ein paar Mal geholfen, aber einfach zu wenig Personal. Zudem gibt es kein deutsches Forum wie für Finale.
Bevor man eigene Tastenkürzel programmiert und verwendet, muß man sich erst mal die unzähligen von Sibelius bereits installierten ansehen und herausfinden, welche noch nicht belegt sind. Ich hatte bisher noch keinen Bedarf für zusätzliche Kombinationen, da die Standardeinstellung schon sehr viel schnelleres Arbeiten erlaubt als mit Finale mit seinem elenden Mausgeklicke und den vielen Fenstern und Dialogboxen, selbst ohne Keyboard. Da ich mich mit meinem Zwei-Finger-Suchsystem immer mal vertippe, habe ich sogar etliche Tastenkürzel deaktiviert, die ich nicht gebrauchen kann. Werkzeugabhängige, mehrfach verwendbare Tastenkürzel gibt es in Sibelius nicht.
Zu Sibelius vs. Finale gibt es hier im Forum noch etliche Beiträge. Die Frage
Lohnt sich dann die Arbeit mit Sibelius?
kann ich uneingeschränkt mit Ja beantworten. Es gibt trotzdem Projekte, die ich lieber mit Finale erledige.
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Ulrich Roski

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Beitrag von Kowa »

Hallo Ingo,
da ich mir sehr, sehr viele Tastaturkürzel in Finale eingerichtet habe, bzw. vorgesehene Tastaturkürzel aus Gründen der besseren Merkbarkeit umgestellt habe, finde ich es schwierig, die gleiche Anzahl und Art der Tastaturkürzel ein zweites Mal mit anderen Kürzeln zu erlernen. Das Mausgeklicke habe ich mir auf diese Art bei Finale drastisch reduziert. "Lohnt sich die Arbeit mit Sibelius" hätte präziser lauten sollen: Lohnt sich das Umsteigen, bzw. hat man die Zeit, ein zweites sehr umfangreiches Programm zusätzlich zu erlernen. Ich finde es für mich besser, Finale immer effektiver kennen zu lernen. Mir fehlt für ein zweites Programm einfach die Zeit. Und man wünscht sich ja keinen Krankenhausaufenthalt, der u.U. die gewünschte Zeit zum Erlernen bringen kann. Wenn in absehbarer Zeit ein neues Notationsprogramm mit der Traumkombination der besten Eigenschaften beider Programme kommt, dann kann ich mir ein Umsteigen vorstellen. Und zu guter Letzt: Längst nicht jeder verdient sein Brot mit Noten schreiben, kommt zudem idealerweise aus der Branche und hat tagtäglich mit Notationsprogrammen zu tun.
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Ingo
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Beitrag von Ingo »

Hallo Kowa,
wenn Notensatz nicht Haupterwerb ist, Du wenig Zeit hast und mit Finale schnell arbeiten kannst, solltest Du vielleicht dabei bleiben. Wenn man zwischen beiden Programmen ständig wechselt, passieren einem immer wieder Verwechslungen der Tastenkürzel, insbesondere bei den häufigen, automatisch ablaufenden Routinen. Dann entstehen u.U. Dinge in der Partitur, die man gar nicht gleich sieht.
Verlage verlangen manchmal die Verwendung eines bestimmten Programms, und da ist es von Vorteil, wenn man beide kann. Neben der Schnelligkeit ist für mich der wichtigste Grund, Sibelius zu benutzen, daß es praktisch unmöglich ist, große Werke wie Opern mit Finale herzustellen, ohne sie in mehrere Dateien zu zerlegen, die sich beim Stimmenauszug auch noch vervielfachen: das kann bei großer Besetzung schon mal zu Nervenzusammenbrüchen, Tobsuchtsanfällen u.a. führen. Das ist äußerst schwach und völlig inakzeptabel; so selten sind große Orchesterwerke und Opern nun auch nicht. Ich kenne kein Layoutprogramm, das bei der Herstellung von Büchern den Seitenumfang begrenzt!
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Ulrich Roski

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