Versetzungszeichen

Schwierige oder kniffelige Probleme, Feinheiten des Notensatzes etc.
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Sterndeuter
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Versetzungszeichen

Beitrag von Sterndeuter »

Hallo,

gerade sitze ich an "Capriccio" für Tuba von Penderecki und es stellt sich mir die Frage: Gelten Versetzungszeichen für den ganzen Takt, auch wenn keine Taktstriche eingezeichnet sind? Der mir vorliegende Ausdruck nutzt keine Taktstriche (wäre auch Rhythmisch und von den Betonungen her nicht wirklich sinnvoll), weshalb doch eigentlich jedes Versetzungszeichen aufgelöst werden müsste (oder eben nicht).

Des weiteren die Frage: gelten Versetzungszeichen nur auf der Tonhöhe, auf der sie geschrieben sind? Eigentlich doch für den ganzen Takt auf jeder Tonhöhe (also H=B egal ob Subkontra oder zweigestrichen).

Im Anhang findet ihr mal die erste Seite, da seht ihr in der ersten Zeile gleich ein Beispiel für mein erstes Problem: Eine Achtel fis wird direkt danach in meiner Aufnahme direkt danach aufgelöst, es werden Viertel f gespielt. Das vor dem fis stehende a wird jedoch, obwohl es kein Vorzeichen hat, als as gespielt.
In der vierten Zeile ein Beispiel für mein zweites Problem: Kontra-Cis, danach Cis (mit Vorzeichen); gegen Ende h (mit Auflösung), dann B (mit Vorzeichen), dann jedoch wieder h (mit Auflösung). Wenn Vorzeichen nur für bestimmte Tonhöhen gelten wäre das zweite Auflösungszeichen unnötig...

Alle Klarheiten beseitigt? Wie notiere ich das jetzt? wie auf der Aufnahme oder wie im Ausdruck? Der Ausdruck ist schon älter (1987), es hat sich ja wahrscheinlich was neues ergeben in dieser Hinsicht...

Viele Grüße,
Daniel
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stefan schickhaus
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Beitrag von stefan schickhaus »

Ohne das konkrete Stück zu kennen ( :oops: ) kann ich doch sagen: Bei Musik ab der Mitte des 20. Jahrhunderts ist es durchaus nicht unüblich, dass Versetzungszeichen nur für die Note und nicht für den ganzen Takt gelten. Darauf sollte aber in einem Vorwort o.ä. der Notenausgabe hingewiesen werden. Gerade bei Notation ohne Taktstriche ist dies sogar mit Sicherheit so - wobei die Auflösezeichen dann reine Sicherheitsauflöser sind.
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musicara
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Beitrag von musicara »

Meine Meinung: Lieber 6 Zeichen zuviel, als 1 zuwenig. Erinnerungszeichen aber bitte ohne Klammer. Geltungsbereich soll immer die Lage sein, andere Lage- neues Zeichen. Jedes unnötige "stutzen" des Spielers muss vermieden werden.
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stefan schickhaus
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Beitrag von stefan schickhaus »

Jedes unnötige "stutzen" des Spielers muss vermieden werden.
Ein Musiker, der stutzt, schläft wenigstens nicht ein. Die sog. Irritationsversetzungszeichen halten Tutti-Knechte wach!
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Heiko Kulenkampff
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Beitrag von Heiko Kulenkampff »

Die Interpretation auf deiner Aufnahme scheint mir musikalisch sinnvoll, aber tatsächlich nicht konsequent zu sein, sonst müsste das Achtel wirklich a gespielt werden und nicht as. Vielleicht kannst du den Interpreten mal kontaktieren? Zur zweiten Frage glaube ich auch, dass die von Musicara angesprochene Regel greift und lediglich Sicherheits-auflösezeichen hinzugefügt wurden.
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musicara
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Beitrag von musicara »

stefan schickhaus: Ein Musiker, der stutzt, schläft wenigstens nicht ein. Die sog. Irritationsversetzungszeichen halten Tutti-Knechte wach!

Richtig! Wer nix kann, soll wenigstens stutzen. Nach dem Motto: Keiner soll frieren ohne zu hungern.
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Tausig
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Re: Versetzungszeichen

Beitrag von Tausig »

Das ist einfach schlampig notiert. Z.T. gibt es Auflösungszeichen, auch Warnvorzeichen zwischen verschiedenen Oktavlagen, z.T. fehlen sie, und einiges muß unklar bleiben. Da hilft wohl nur, den Schöpfer selber zu fragen, was er denn nun gemeint hat -- der lebt ja noch.
Aber frag ihn nicht:
Sterndeuter hat geschrieben:Wie notiere ich das jetzt?
Frag lieber: "Wie spiele ich das?" Denn abschreiben darfst du das sicherlich gar nicht.
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musicara
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Beitrag von musicara »

Warum soll er das nicht abschreiben dürfen? Er darf es nicht gewinnbringend vertickern, aber abschreiben, wenn er nix besseres zu tun hat darf er unbegrenzt, solange das Ergebnis bei ihm bleibt.
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Sterndeuter
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Beitrag von Sterndeuter »

Ja, es geht wirklich nicht um Verkauf, sondern lediglich um private Übungszwecke, Abschreiben ist also kein Problem.

Hier mal die Aufnahme, die ich benutze (ist mit dem Euphonium gespielt, im Original aber für Tuba):

http://www.youtube.com/watch?v=UifFhicwjxM

Ich habe das Stück schon früher gehört, und zwar immer so, wie auf der AUfnhame, was auch hörerisch durchaus Sinn macht. Also werde ich mich wohl an der AUfnahme orientieren und Erinnerungsvorzeichen setzen, dass das Blatt ganz schwarz wird.

Danke, für die vielen Antworten.
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musicara
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Beitrag von musicara »

Die ganz schwarzen Noten sind die Besten! Und wenn sie dann noch das Bio-Siegel haben...
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Tausig
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Beitrag von Tausig »

Mir ist völlig wurscht, was andere machen, und ich muß hier nicht den Hobby-Polizisten spielen, aber zwecks korrekter Information sei's erläutert:

"Unbegrenzt" ist falsch, Musicara. 'Einzelne' Abschriften dürfen nur auf Papier (also nicht digitalisiert auf Festplatte) vorgenommen werden. Und anfangen kann man nix mit ihnen, denn öffentlich spielen darf man daraus nicht.
UrhG § 53 hat geschrieben: (4) Die Vervielfältigung
a) graphischer Aufzeichnungen von Werken der Musik,
[...]
ist, soweit sie nicht durch Abschreiben vorgenommen wird, stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig oder [...] zum eigenen Gebrauch, wenn es sich um ein seit mindestens zwei Jahren vergriffenes Werk handelt.
Wie das und die Ausnahmen, die ich mit "[...]" unterschlagen habe, auszulegen ist, erfährt man hier auf Seite 3 oben:
http://www.vg-musikedition.de/pdf/Taete ... k_2009.pdf
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Sterndeuter
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Beitrag von Sterndeuter »

Auf Seite 3 unten steht allerdings auch, dass Abschreiben und einmaliges Ausdrucken legal ist.

Da ich nciht vor habe, das Stück aufzuführen, sehe ich keine Probleme, wenn ich die Noten abschreibe und einmal ausdrucke.
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musicara
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Beitrag von musicara »

Ich denke nach wie vor, dass es keine Probleme geben dürfte. Allerdings - in der Juristerei weiß man nie so recht, wie nachfolgendes Fallbeispiel aus dem Examensfragenkatalog etwas früherer Zeiten beweist:
Ein Gastwirt geht einem Scherzbold auf den Leim, der ihm weismacht dass seine (des Gastwirts) Frau in unbegrenzter Menge Golddukaten sch...ßen wird, wenn sie nur vorher in einer Vollmondnacht ordentlich Golddukaten schluckt. Er überredet die Holde, diese schluckt und sinkt nach einiger Zeit entseelt zu Boden. Der Gastwirt wird angeklagt und verurteilt. Warum?
Mord - Nein/ Totschlag - Nein/ Körperverletzung - Nein.
Begründung: Versuch der Herstellung von Falschgeld.
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MassMover
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Beitrag von MassMover »

Bevor ich mich hier von den Ausführungen der Verlagslobby einschüchtern lasse, die ja an einigen Stellen doch arg viel in den Gesetzestext hineininterpretieren, um jede vom Gesetzgeber vorgesehene Ausnahme direkt als hypothetisch abzulehnen, halte ich mich lieber an das Original des UrhG.

§53 regelt die erlaubten Ausnahmen, und die sehen im reinen Gesetzestext wesentlich großzügiger aus.

MM
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Tausig
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Beitrag von Tausig »

Die Schrift "Täter im Frack" der VG Musikedition ist natürlich tendenziös, denn sie ist die Schrift eines Interessenverbandes. Und der hat keinerlei Interesse daran, darüber zu informieren, was alles erlaubt ist. Nur ist im Falle von Noten ("graphischen Aufzeichnungen von Musik") das meiste eben nicht erlaubt, die meisten Ausnahmen betreffen andere Werke -- da muß man den Gesetzestext schon recht genau lesen.
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